Meinungsfreiheit in Gefahr
Beitrag von: Hermann Binkert
84 Prozent der von uns Befragten glaubt, dass es Personen gibt, die ihre Meinung nicht äußern, weil sie Angst vor Konsequenzen haben. Nur jeder Elfte (9 Prozent) glaubt das nicht. Die Zustimmung zu dieser Frage, die ja auch ein gutes Stück weit zeigt, wie es aus Sicht vieler um die Meinungsfreiheit steht, ist unabhängig von den soziodemografischen Merkmalen sehr hoch. Und selbst im Vergleich der Parteianhänger gibt es überall deutliche Mehrheiten: Zwischen 77 Prozent bei Wählern von Bündnis90/Die Grünen bis zu 92 Prozent bei Wählern der AfD.
Wenn man die Frage nun direkt stellt, sagt immerhin noch eine deutliche Mehrheit von 54 Prozent, dass sie selbst schon einmal ein Erlebnis hatten, in welchem sie das Gefühlt hatten ihre Meinung nicht frei äußern zu können. Zuletzt hatten wir die Frage vor acht Monaten gestellt. Seither ist die Zahl derer, die glauben, manche äußerten ihre Meinung aus Angst vor Konsequenzen nicht, um sechs Prozentpunkte gestiegen. Auffallend ist weiter der Unterschied zwischen den Altersgruppen. Zwei Drittel der unter 30-Jährigen sagen, dass sie das Gefühl hatten, ihre Meinung nicht frei äußern zu können. Unter den über 70-Jährigen sagen das nur 38 Prozent. Dies ist die einzige Altersgruppe, die die Frage mehrheitlich (54 Prozent) verneint. Mehr Ost- (59 Prozent) als West-Deutsche (53 Prozent) hatten schon einmal ein solches Erlebnis. Unter den Anhängerschaften der Parteien, sind es vor allem Wähler der AfD (76 Prozent), des BSW (69 Prozent) und der Linkspartei (65 Prozent), die das Gefühlt hatten, ihre Meinung nicht frei äußern zu können. Wähler der SPD (42 Prozent ja zu 50 Prozent nein) und der Grünen (41 Prozent ja zu 47 Prozent nein) sehen das mehrheitlich anders. Wähler der CDU/CSU (47 Prozent ja zu 47 Prozent nein) und der FDP (45 Prozent ja zu 44 Prozent nein) sind gespalten.
Das Thema Meinungsfreiheit hat das Potential, ebenso prägend zu werden, wie die Migration ab dem Jahr 2015 und Corona ab dem Jahr 2020. Politik sowie Medien und die Gesellschaft insgesamt sollten das ernst nehmen. Nur mit einer guten Streitkultur und der Akzeptanz einer breiten Meinungsvielfalt wird sich die Bevölkerungsmehrheit davon überzeugen lassen, dass die Meinungsfreiheit in unserem Land uneingeschränkt gilt und auch sie ein überzeugender Grund dafür ist, sich für dieses Land einzusetzen und es zu verteidigen.